Choralphabet

Nachbarin

Die unbekannte Nachbarin

Weiß jemand, was Prosopagnosie ist? Ha! Nicht einmal der Rechtschreibassistenz meines Computers kennt das Wort. Brat Pit hat es. Kronprinzessin Viktoria von Schweden und Jane Godal haben es. Und ich hab’s auch.

Prosopagnosie bedeutet, dass man Gesichter nur schwer wiedererkennen kann.

2007 hatte ich das Glück, im Chor die Bekanntschaft einer neuen Mitsängerin zu machen. Im Gespräch stellte sich dann heraus, dass wir seit sieben Jahren Nachbarinnen waren. Wegen meiner oben beschriebenen Veranlagung hat uns erst der Chor in die glückliche Lage versetzt, dass ich meine Nachbarin kennengelernt habe. Und dann? Dann sind wir Freundinnen geworden und haben seither unzählige gemeinsame Fahrten in den Chor und noch manches andere unternommen. Und jedes Mal erkenne ich sie wieder. Ohne den Chor würde ich vielleicht heute noch an ihr vorbeistoffeln.

Ulrike Läpple,
Sopran seit 2001

Nachfolge
Noch sind die Solisten dran. Dirigent Nikolai Ott bei der ersten Generalprobe mit seiner Kantorei.

Was, nur eine einzige Frage?

Es ist Februar 2017.  Die Proben zum Abschiedskonzert von Tobias Horn laufen auf Hochtouren, parallel läuft das Auswahlverfahren für seine Nachfolge. Vier Personen hat das Gremium der Karlshöhe, begleitet von Landeskirchenmusikdirektor Matthias Hanke für das jeweils einstündige Probedirigat ausgewählt. Vorher werden wir über das Vorgehen informiert. „Sie werden dann gefragt werden: „Können Sie sich vorstellen, mit diesem Dirigenten oder dieser Dirigentin zusammenzuarbeiten?“- Was, mehr nicht? Ungläubiges Staunen, gemischt mit Ärger – kann das wahr sein, dass das alles ist, eine Prozentzahl geboren aus dem Augenblick? Anfang März dann die frohe Kunde durch Direktorin Dr. Bester: „Ihr Kandidat, das heißt der mit dem höchsten Votum, Nikolai Ott kommt!“ Große Freude und (auch später) kein Zweifel mehr, dass das die einzig richtige und wichtige Frage war.

Ulrike Schuckert,
Sopran 2003

Nebensitzerin

Die Nebensitzerin

Eine gute Nebensitzerin ist etwas ganz Praktisches und auch etwas Tolles. So ist ein reservierter Sitzplatz garantiert, falls man mal zu knapp in die Probe kommen sollte. Gut möglich, dass auf dem reservierten Platz dann auch schon die Noten des neu zu lernenden Werkes liegen. Während der Chorprobe wird einer dann mit Bonbons, Bleistiften oder einem Bleistiftspitzer ausgeholfen. Der ist besonders wichtig: Da man während der Probe nicht sprechen darf, bleibt einer ja nichts anderes übrig, als „nonverbal“ zu kommunizieren - oder halt wie früher in der Schule - „Briefle“ zu schreiben. Mag man mal das aktuelle Chorwerk nicht, kommt man trotzdem gerne in die Chorprobe, da man ja weiß, dass die Nebensitzerin da ist. Und so entwickelt sich die Nebensitzerin langsam zur Freundin. Und die bleibt einem in Coronazeiten auch ohne Chorprobe erhalten!

Gunhild Schnekenburger,
Alt seit 2002

Neuling
Die Entspannung, wenn der letzte Takt gesungen ist und der Applaus einsetzt

Neuling im Chor - ganz persönlich

Über eine alte Freundin fand ich 2018 den Weg in die Kantorei, als End-of-the-Midlife-Mann und Boomer, wie mein Sohn manchmal abwertend zu sagen pflegt. Erst frisch nach Ludwigsburg gezogen, war ich sowieso auf der Suche nach etwas "für mich" und so kam ich unkompliziert nach einer kurzen Anfrage per E-Mail einfach mal in die Kantoreiprobe auf die Karlshöhe. Und schwups waren lange verschüttete Erinnerungen wieder präsent in mir, so wie meine ersten Begegnungen mit Oratorienmusik als Jugendlicher am Aufbaugymnasium Michelbach/Bilz. Meinem damaligen Musiklehrer und Chorleiter Roland H. Klein bin ich bis heute dankbar, dass er mich immer wieder ermutigte und es mir mit lobenden Worten leicht machte, mich singen zu trauen. So gelang es ihm, in mir Neugier und die Lust auf diese Art Musik zu wecken. Dies war wahrlich kein leichtes Unterfangen bei Jungs, die eigentlich nur Fußball spielen, Bier und Mädchen im Kopf hatten und musikalisch eher zu Deep Purple und Jimi Hendrix neigten.

Nach einigen Proben und vor allem beim ersten Konzert mit der Kantorei waren auch die Gefühle von früher wieder spürbar. Im Englischen würde man es "overwhelming" nennen, das überwältigende Gefühl, das manchmal beim Musikhören und beim Singen entsteht und das ich mir bis heute nicht so recht erklären kann. Es hat wohl etwas mit Erinnerung zu tun, mit vertrauten Phrasen und Mustern der Vergangenheit, die die Emotionen entstehen lassen, denen man sich kaum entziehen kann. Meinen Beobachtungen zufolge scheint es jedenfalls in der Kantorei einige mit ähnlichen Gefühlen zu geben. Schaue ich beim Editieren der Konzertvideos, was ich so nebenher übernommen habe, in die Gesichter meiner Mitsänger, erkenne ich die Emotionen. Echt und unverstellt.

Einfach überwältigend: die schnell wechselnden Gefühlslagen um die Konzerttage herum, Tränen in den Augen, weil die Musik so bewegt, die Wohligkeit und Entspannung, wenn einen der Applaus des Publikums zurückholt, dieser Moment, wenn man feststellt, dass man ein aktiver Teil des Geschehens ist, wenn über 100 Musiker eine Zauberstimmung schaffen – das ist overwhelming, kann ich nur sagen. Da weiß ich, dass ich richtig bin.
Wer auch Lust auf diese Musik hat und sich auf sie einlässt, trifft auf Leute, bei denen man spürt, wie sehr sie lieben, was sie da tun.

Wenn du mitsingen willst, sei unerschrocken, melde dich bei uns und komm einfach einmal zur Probe! Du bist herzlich eingeladen und willkommen.

Uwe Brauer,
Tenor seit 2018

Unser Nothelfer
Foto: Michael Fuchs

Unser Nothelfer – und nicht nur einmal

Der Name Christian Neff in Kombination mit seinem Foto kommt vielleicht manchem bekannt vor. Im Jahresbericht der Karlshöhe 2017 (Jahresbericht_2017.pdf (karlshoehe.de)) wurde sein Schicksal beschrieben. Er ist an einer schweren Form des Muskelschwunds erkrankt und braucht rund um die Uhr Unterstützung, weil er nur noch die Finger bewegen kann. Viele werden nun schon zu wissen glauben, was es unter dem Stichwort Nothelfer zu erzählen gibt. Doch weit gefehlt: Christian Neff ist zweimal zu unserem Nothelfer geworden! In beiden Fällen war er unsere Task Force in Sachen Homepage: 2018 erreichte er, dass nach Monaten endlich auch unsere Website von unserem Aufbruch zu neuen Wegen mit Nikolai Ott (siehe Beitrag „Albert“) kündete und 2021, dass unsere Jubiläumswebsite doch noch pünktlich wie angekündigt zum Sonntag Kantate an den Start ging und vielen zum Sonnenschein im verregneten Maiwochenende wurde. Hochachtung vor so viel Sachverstand und einfach danke für die rasend schnelle und kompetente Hilfe!

Ulrike Schuckert,
Sopran seit 2003

Kurz & Knapp

Dreckbollen an den Schuhen

Chorprobe mit Siegfried Bauer im November 1982, Karlshöhe, Kolleggebäude H3: Als junge Studentin singe ich zum ersten Mal beim Weihnachtsoratorium mit. Im Dritten Teil Nr. 26 kommt der Einsatz der Tenöre und Bässe: „Lasset uns nun gehen gen Bethlehem…“. Siegfried Bauer unterbricht sofort: „Ihr Männer, ihr kommt daher, als ob ihr Dreckbollen an den Schuhen hättet.“ Das sitzt. Bei jeder Aufführung des Weihnachtsoratoriums freue ich mich auf den leichtfüßigen Einsatz der Männer.

Beate Vogelgsang (geb. Kempter), Sopran, 1980 – 1983 und seit 2008

Erkennungsmerkmal

Immer mitnehmen! An ihm ist der Sänger, die Sängerin zu erkennen: Der Schal wird mindestens dreimal um den Hals gebunden, egal ob im Herbst, Winter oder Frühling. Er ist ja auch wirklich unentbehrlich in den oft wenig beheizten Kirchen.

Catherine Moll, Sopran 1992 – 2012, seitdem Alt

Singen weckt sämtliche Lebensgeister

Kantorei der Karlshöhe war für mich das Zauberwort über 25 Jahre hinweg. Ich konnte noch so müde sein – kaum war ich in der Chorprobe, kamen sämtliche Lebensgeister zurück und ich habe mit viel Freude und Herzblut gesungen. In all den Jahren habe ich drei Dirigenten erlebt, ein jeder genial in seiner Art, es gab unvergessliche Aufführungen und ich bin vielen wunderbaren Menschen begegnet.

Dankbar und beschenkt blicke ich auf diese Zeit zurück und wünsche der Kantorei der Karlshöhe mit ihrem Dirigenten Nikolai Ott, dass sie nach der Coronapause wieder mit Schwung beginnen kann. Ich freue mich schon auf die nächste Aufführung, die ich dann als Zuhörerin erleben und genießen darf.

Gerti Benner, Sopran 1995 - 2020

Wir Rampensäue

Das Lob dienstagabends nach den großen Konzerten ist obligatorisch, fällt in der Ära Tobias Horn in der Regel aber wenig überschwänglich aus. Bis auf ein Mal. Da lässt er die Sau raus. „Dein Chor“, so zitiert der Meister, kurz bevor er gleich wieder in die Tasten des Flügels haut, unseren heißgeliebten Tenor Andreas Weller, „dein Chor sind alles Rampensäue.“ Der Chef lacht glücklich. Und schaut in unzählbar viele entsetzte Gesichter. Rampensäue? Wir? Haben wir so entsetzlich gesungen? Das muss er erklären. Und wirklich, Horn übersetzt: Wenn es darauf ankommt, dann steht die Kantorei da wie eine Eins. Jeder einzelne von uns. Mehr Präsenz geht nicht. Mehr Lob auch nicht.

Gertrud Schubert, Sopran 1997

Große Aufregung

Die Matthäuspassion war mein erstes großes Werk mit der Karlshöher Kantorei. Ich werde nie die Aufregung und das Kribbeln vergessen, das diese Aufführung mit sich brachte.

Mirijam Bäßler, Sopran seit 2014

Hefezopf, mit und ohne Zibeben

In unserer bunten Chorgruppe gibt es einen gelernten Bäcker, der zu jeder Generalprobe für die Solisten und Instrumentalisten zwei mächtige Hefezöpfe kredenzt. Und weil Hermann Emmerling weiß, dass sich an den Rosinen die Geister scheiden, ist immer ein Zopf mit, der andere ohne Zibeben. So schmeckt er allen.

Christa Fröhlich, Sopran seit 2009

Singen macht glücklich und frei

Gemeinsame Proben, Konzerte eröffnen für mich immer wieder eine Dimension der Tiefe, Gelassenheit, Verbundenheit und Zuversicht. Singen mit der Kantorei macht glücklich und frei.

Elfie Peter-Lehmann, Sopran seit 2007

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