Choralphabet

Vaterunser

Flashmob mit Vaterunser

Auf der Chorreise 2011 nach Burgund besichtigen wir die großartige Basilika von Vezelay aus dem 12. Jahrhundert. Da geschieht ein spontaner Flashmob: Wo wir gerade stehen, singen wir gemeinsam das französische Vater-unser von Maurice Duruflé. Unsere Stimmen schwingen sich hoch in das wunderbare romanische Kreuzgratgewölbe, werden eins mit dem unglaublichen Licht im frühgotischen Chor und vermischen sich mit den Gesängen der Gläubigen aus den vergangenen 800 Jahren. Ich bin sicher, es waren auch Engel dabei!

Und noch einmal in der Abtei von Fontenay, in der asketischen Leere der romanischen Klosterkirche im entlegenen Tal: Auch hier stimmen wir das Vaterunser an, uns eins wissend mit unzähligen Zisterzienser Mönchen und andächtigen Besuchern aus Jahrhunderten. Jetzt aber schreitet der Aufseher ein: „Wenn das alle machen täten!“ Taten aber nicht alle, sondern nur wir – und so bleibt es unvergessen!

Und dann wieder in der Kapelle Notre-dames-du-Haut de Ronchamp: Im Innern der Kapelle des berühmten Architekten Le Corbusier fühle ich mich wie im Bauch eines Walfisches, geborgen im kargen Raum. Wenige Fenster lassen das Sonnenlicht ein und verheißen Ausblick und Aufbruch - und so auch unser vielstimmiger Gesang. So vereinigen sich Architektur, Geschichte und die menschliche Gemeinschaft in der Musik und ich erahne das Transzendente.

Andrea Stockmayer-Mohn,
Alt seit 1996

Verzweiflung

Nicht die Worte „Verzweiflung, Wut und Schrecken…“

aus der “Schöpfung” sind hier gemeint, sondern dass ich gespürt habe, wie verzweifelt Tobias Horn beim Einstudieren der Männerstimmen nach einigen Probestunden war. Es wollte einfach nicht gelingen. Bei uns Kantorei-Männern dauert manches sowieso ein wenig länger als bei unseren Kantorei-Frauen. Auch ich war genervt und konnte nicht verstehen, dass manche solche Schwierigkeiten beim Singen hatten.

Also hab ich Tobias angesprochen und konnte ihn dazu bewegen, vor den nächsten Chorproben eine halbe Stunde zuvor mit den Männern alleine diese Noten zu erarbeiten. Das hat auch gut geklappt und endlich war beim gemeinsamen Singen mit den Frauen Harmonie im Probensaal. Prompt musste ich mir ein paar Mal vor den Extra-Männerproben anhören, was das denn solle, wozu wir das bräuchten, wir könnten es doch.  Vermutlich hatte ihr plötzliches Können die Sangesbrüder den  bescheidenen Sound der vergangenen Wochen schon vergessen lassen. Ich dagegen war bloß dankbar und hätte ein Dankeschön für Tobias Horn erwartet.

Herbert Labitzke,
Bass 1983 - 2018

Vorverkauf

Vorverkauf für die Liebhaber von rechts und links

Das ist in jedem Chor so: Die, die mitsingen, genießen das kleine Privileg des Vorvorverkaufs. Schließlich sollten sie doch – außer der Musik – auch etwas vom Mitmachen haben. Kaum hingen die Plakate in der Stadt, saß ich mit wohlsortiertem Kartensortiment vor der Chorprobe, in der Chorpause, nach der Chorprobe vor dem H3 im Kolleggebäude und verkaufte Karten. Das habe ich ewig gemacht, so lange jedenfalls, dass ich nicht mehr weiß, wer vor mir den Vorverkauf organisiert hat. Das war – und ist ohne Zweifel – ein Wahnsinnsaufwand. Deshalb habe ich mir Gabriele Meyer-Hamme zur Hilfe geholt.

Als Erstes markieren wir die Karten nach Kategorie und Preis: Reihe und Seite, Stuhl oder Bank, links oder rechts unter der Empore und oben die Logenplätze bei der Orgel. Die Karten für Ehrengäste und Presse, Solistenfreunde und Fördervereinsmitglieder werden zurückgelegt. Den Vorverkaufsstellen in der Stadt, jetzt Karlino, Mörike-Buchhandlung und Mylius-Apotheke, bringen wir von allem etwas, damit sie was haben für die Liebhaber von links und rechts. Und wir stecken unsere Konzertkarten mit Trennblätter schön übersichtlich in einen Holzkasten, so können wir  mit einem Handgriff die gewünschten Platzkarten zeigen. Reichen sie noch für die ganze Familie?  Ihr wollt ganz vorne sitzen? Bei den Bässen? Auf der Empore haben deine Leute den kompletten Überblick… Sorgfältig malen wir in den vor uns liegenden Plan ein Kreuzle auf jeden verkauften Platz. Man muss höllisch aufpassen, dass nichts doppelt rausgeht. Außerdem verrät der Plan auf einen Blick, was es noch gibt. Der Witz bei der Geschichte ist, dass ein jeder und eine jede andere Prioritäten setzt, was nun ein wirklich guter Platz im Konzert ist.

Ich glaube, unsere Leute waren immer zufrieden. Es wurde selten zurückgetauscht. Wir wollten es ja auch möglichst allen recht machen. Und wir waren  immer froh, wenn wir die Restkarten, vorbestellte, bezahlte, nicht bezahlte Karten, die Konzertprogramme und alles übrige an die Abendkasse übergeben konnten. Das ist ein anderes Team mit vielen “mithelfenden Familienangehörigen”, denn Chorleute wollen jetzt nur noch eines: Singen.

Hanne Gölz,
Alt 1988 - 2020

Vodka

Vodka! Und jeden Tag Hühnchen mit viel zu viel Dill

„Stimmt es wirklich, dass man ganz viel Vodka trinken kann, und dann trotzdem am nächsten Morgen fit ist und gut singen kann?“ Dieser Frage musste natürlich im Rahmen einer Studie nachgegangen werden. Jevpatorija, Krim, Ukraine, Juni 2010. The time of my life! ZehnTage raus aus dem Mama-Alltag, endlich mal wieder rein ins Solistinnen-Leben! Nach der unvergleichlichen Erfahrung unserer szenischen „Schöpfung“ in Ludwigsburg, brachten wir das Werk nun in der Partnerstadt, im wunderschönen Puschkin-Theater, zu Gehör. Diese Konzertreise war eine absolut unvergessliche Erfahrung! Strand, Sonne, das Hotel direkt am Schwarzen Meer, spannende Ausflüge und Führungen, ergreifende Aufführungen mit „meiner“ Kantorei. Und jeden Tag Hühnchen mit viel zu viel Dill! Aber auch Armut und Korruption, hautnah.

Trotzdem: Blick’ ich zurück auf meine Karriere, ist diese Reise unter den Top-10-Erlebnissen, ganz bestimmt! Und, ach so, ja, hier das Ergebnis der Studie: Ja, es stimmt!!!

Petra Labitzke,
Sopran 1984 – 1991, und immer wieder unsere Solistin

Kurz & Knapp

Dreckbollen an den Schuhen

Chorprobe mit Siegfried Bauer im November 1982, Karlshöhe, Kolleggebäude H3: Als junge Studentin singe ich zum ersten Mal beim Weihnachtsoratorium mit. Im Dritten Teil Nr. 26 kommt der Einsatz der Tenöre und Bässe: „Lasset uns nun gehen gen Bethlehem…“. Siegfried Bauer unterbricht sofort: „Ihr Männer, ihr kommt daher, als ob ihr Dreckbollen an den Schuhen hättet.“ Das sitzt. Bei jeder Aufführung des Weihnachtsoratoriums freue ich mich auf den leichtfüßigen Einsatz der Männer.

Beate Vogelgsang (geb. Kempter), Sopran, 1980 – 1983 und seit 2008

Erkennungsmerkmal

Immer mitnehmen! An ihm ist der Sänger, die Sängerin zu erkennen: Der Schal wird mindestens dreimal um den Hals gebunden, egal ob im Herbst, Winter oder Frühling. Er ist ja auch wirklich unentbehrlich in den oft wenig beheizten Kirchen.

Catherine Moll, Sopran 1992 – 2012, seitdem Alt

Singen weckt sämtliche Lebensgeister

Kantorei der Karlshöhe war für mich das Zauberwort über 25 Jahre hinweg. Ich konnte noch so müde sein – kaum war ich in der Chorprobe, kamen sämtliche Lebensgeister zurück und ich habe mit viel Freude und Herzblut gesungen. In all den Jahren habe ich drei Dirigenten erlebt, ein jeder genial in seiner Art, es gab unvergessliche Aufführungen und ich bin vielen wunderbaren Menschen begegnet.

Dankbar und beschenkt blicke ich auf diese Zeit zurück und wünsche der Kantorei der Karlshöhe mit ihrem Dirigenten Nikolai Ott, dass sie nach der Coronapause wieder mit Schwung beginnen kann. Ich freue mich schon auf die nächste Aufführung, die ich dann als Zuhörerin erleben und genießen darf.

Gerti Benner, Sopran 1995 - 2020

Wir Rampensäue

Das Lob dienstagabends nach den großen Konzerten ist obligatorisch, fällt in der Ära Tobias Horn in der Regel aber wenig überschwänglich aus. Bis auf ein Mal. Da lässt er die Sau raus. „Dein Chor“, so zitiert der Meister, kurz bevor er gleich wieder in die Tasten des Flügels haut, unseren heißgeliebten Tenor Andreas Weller, „dein Chor sind alles Rampensäue.“ Der Chef lacht glücklich. Und schaut in unzählbar viele entsetzte Gesichter. Rampensäue? Wir? Haben wir so entsetzlich gesungen? Das muss er erklären. Und wirklich, Horn übersetzt: Wenn es darauf ankommt, dann steht die Kantorei da wie eine Eins. Jeder einzelne von uns. Mehr Präsenz geht nicht. Mehr Lob auch nicht.

Gertrud Schubert, Sopran 1997

Große Aufregung

Die Matthäuspassion war mein erstes großes Werk mit der Karlshöher Kantorei. Ich werde nie die Aufregung und das Kribbeln vergessen, das diese Aufführung mit sich brachte.

Mirijam Bäßler, Sopran seit 2014

Hefezopf, mit und ohne Zibeben

In unserer bunten Chorgruppe gibt es einen gelernten Bäcker, der zu jeder Generalprobe für die Solisten und Instrumentalisten zwei mächtige Hefezöpfe kredenzt. Und weil Hermann Emmerling weiß, dass sich an den Rosinen die Geister scheiden, ist immer ein Zopf mit, der andere ohne Zibeben. So schmeckt er allen.

Christa Fröhlich, Sopran seit 2009

Singen macht glücklich und frei

Gemeinsame Proben, Konzerte eröffnen für mich immer wieder eine Dimension der Tiefe, Gelassenheit, Verbundenheit und Zuversicht. Singen mit der Kantorei macht glücklich und frei.

Elfie Peter-Lehmann, Sopran seit 2007

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